Wann dürfen Biogasanlagen endlich mehr Strom einspeisen?

Eigentlich können Biogasanlagen schon immer mehr Strom aus Biogas erzeugen. Diese Mengen werden aber nur zum Marktwert vergütet, haben also keinen Anspruch auf Marktprämie. Das war in der Vergangenheit völlig unwirtschaftlich – aber heute sind die Strompreise ohnehin so hoch, dass eine Marktprämie entfällt.  Doch das kann sich wieder ändern, sodass niemand ganz auf das EEG verzichten möchte.

Unabhängig davon hat Bundesenergieminister Robert Habeck (B90/GRÜNE) in einer Veröffentlichung des BMWK angekündigt, die seit 8 Jahren bekämpfte Höchstbemessungsleistung für Biogasanlagen zu beseitigen. Nun müssen die Ministerien noch die regulatorischen Hemmnisse abbauen und eine ganze Reihe von Gesetzen und Verordnungen ändern, oder zumindest ihre Anwendung außer Kraft setzen.

Das Wichtigste aber: Die Betreiber sollten den nächsten Schritt gehen und ihre Genehmigungsbehörden auf die steigende Menge Einsatzstoffe und weitere Änderungen der ursprünglichen Genehmigungsbedingungen hinweisen und beantragen. Behörden entscheiden allerdings nach gesetzlichen Vorgaben – auch in Kriegszeiten. Was an den Rahmenbedingungen zu tun ist, haben wir hier zusammengetragen…

Von Minister Habeck wurde bisher nur angesprochen, dass die Begrenzung der maximalen Stromerzeugung, also der Höchstbemessungsleistung im EEG 2014 auf 95 % der am 1.8.2014 installierten Leistung ausgesetzt werden soll. Noch unklar ist, welche Bereitschaft besteht, die sonstigen Begrenzungen auch auszusetzen oder – besser! – gleich ganz zu beseitigen. Dazu hat das Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) ein ausführliches Papier erarbeitet (Download hier).

Inhaltlich geht es um diese Vorschläge:

Kurzzeitige unbürokratische Freigabe größerer Einsatzstoffmengen, Freigabe für alle Biomasse, die keine Ansprüche an Hygienisierung und/oder Schadstoffüberwachung hat, bis zu Einsatzmengen von 100 Tonnen pro Tag. Stofföffnung für Aufwuchs aus Naturmaßnahmen, alle landwirtschaftlich erzeugten Produkte und Nebenprodukte aus pflanzlichem Anbau vor der Verarbeitung, also Getreideausputz, Zuckerschnitzel, Kartoffelschlempe, Kartoffelschalen, usw.

Verkürzte vorrangig zu bearbeitende Genehmigungsverfahren und vorzeitigen Baubeginn für Flexibilisierung, Einspeiseanlagen und Steigerung der Produktionsmengen. Bei Leistungserhöhung die entsprechende Einspeiseerlaubnis durch den Verteilnetzbetreiber – wie bei LNG-Terminals.

BauBG: Die baurechtliche Begrenzung der jährlichen Biogaserzeugung bei landwirtschaftlicher Standortgenehmigung auf 2,3 Mio. Nm3/Jahr sollte auf z.B. 3 Mio. Nm3 /Jahr erweitert werden. Dies sollte grundsätzlich gelten, damit blieben Anlagen bis 800 kWel Bemessungsleistung in der landwirtschaftlichen Privilegierung, müssen also bei Leistungssteigerung nicht erst einen Bebauungsplan aufstellen lassen (2 Jahre Verzögerung würden eingespart).

Die BImSch-Genehmigungspflicht nach der 4. BImSchV (ab 1 MW Feuerungswärmeleistung) sollte man auf die Bemessungsleistung abstellen, nicht auf die installierte Leistung. 

EEG: Die Mindestverweilzeit der Substrate im gasdichten System sollte zeitweilig unterschritten werden dürfen, wenn man die Gaserzeugung steigern will.  Daher könnte man die Regelung an die Formulierung in der TA-Luft 2021 anpassen bzw. darauf verweisen: Bei Unterschreitung der Mindestverweilzeit muss das Restgaspotenzial nachgewiesen werden.

Die Mindestmenge an Lagervolumen sollte auch durch geeignete Behälter außerhalb der Anlage nachgewiesen werden dürfen, die Nutzung aller genehmigter und technisch einwandfreier Lagerräume für flüssige Wirtschaftsdünger außerhalb von Stallungen sollte genehmigt werden. Bei langfristigen Abnahmeverträge für den Gärrest sollte die Lagertauglichkeit in die Zuständigkeit des Abnehmers fallen. Der Bemessung des Lagervolumens sollte das Einsatzstofftagebuch zugrunde liegen, sodass dies nicht anhand des ungünstigsten genehmigten Stoffes geurteilt wird, sondern nach tatsächlichen Einsatzstoffen. Lagerplatten für getrockneten und separierten Gärrest sollten für Lagerung von Mist ausreichen.

Die EEG-Vergütung für zusätzliche Mengen sollten so entgolten werden, wie sie nach dem Recht vor dem EEG 2014 entgolten worden wären und nicht wegen Überschreitung der maximal geförderten Menge rückwirkend gemindert werden.

Der Güllebonus entfällt bisher, wenn nur an einem Tag die Mindestmenge von 30 % nicht erreicht wird. Das kann durch Umstellung des Güllebonus von Tagesgenau auf Jahresdurchschnitt gelöst werden. Bei Unterschreitung der Jahresmenge: Wenn die Güllemenge 30 % der bisherigen, nicht gesteigerten Menge entspricht (also gleichbleibt), sollte der Güllebonus für die Strommenge weitergezahlt werden, mit der die 30 %-Grenze eingehalten worden wäre.

Der „Maisdeckel" (für jüngere Anlagen mit IBN nach EEG 2014 ff.: Begrenzung von Mais und Nahrungsmittelpflanzen auf 50, 47, 44, 40 % je nach IBN) sollte in Einzelfällen zeitweilig ausgesetzt werden, wenn für die „Verdünnung" mit Gülle nicht genug Platz in den Fermentern verfügbar ist.

Der Fachverband Biogas ist für weitere Hinweise dankbar. Das BMWK arbeitet derzeit an den Verbesserungen für Regeln, die bisher die Biogaserzeugung begrenzen. Je besser und praktikabler die Vorschläge aus der Branche sind, desto größer ist Chance, dass die Änderungen auf Dauer Bestand haben werden.