Und aus welchen Rohstoffen kommt das Biogas in Zukunft?

Für Biogas spielt die Substratgewinnung eine wichtige Rolle. Das Angebot der Branche, mit höherer Biogasmenge auch zur Unabhängigkeit von russischen Gasimporten beizutragen, wirft die Frage auf, woher denn die Rohstoffe kommen sollen.  Immer noch befürchten viele Menschen, dass der Ukrainekrieg Hungersnöte auslöst, die durch energetische Nutzung von Nahrungsmitteln oder Belegung von Ackerflächen verschärft werden. Im laufenden Jahr mag das Biogas noch in den Silos der guten Ernte 2021 liegen. Doch schon die aktuelle Maisernte wird von der Trockenheit des Sommers 2022 beeinträchtigt. Wie geht es weiter, um auch langfristig deutlich mehr Biogas zu erzeugen?…

Immer noch wird Biogas in öffentlichen Diskussionen wegen des hohen Maiseinsatzes abgewertet.

Doch die Stimmung richtet sich nicht mehr generell gegen alle Biomasse zur energetischen Nutzung: Die neue Bundesregierung, die Europäische Kommission, die Umweltverbände möchten sämtlich gerne mehr Biogas, bloß eben nicht aus nachwachsenden Pflanzen, die man auch essen könnte, sondern aus Gülle, Mist, Reststoffen, Abfällen, bunter Biomasse. Ganz gleich, ob es agrarwirtschaftlich sinnvoll wäre, Weizen statt Maissilage anzubauen – dem schlichten Betrachter aus Presse und Politik erscheint die Wechselwirkung mit einer kriegsbedingten drohenden Hungersnot allzu naheliegend. Energie aus Nahrungsmitteln, solange woanders gehungert wird – geht gar nicht.

Aber es gibt ja genügend Alternativen, und darüber sollte in Zukunft viel mehr gesprochen werden – so die Mehrheitsmeinung im Fachverband Biogas.

EU-Biogaspotenzial-FvB

Die Diskussion um THG-Emissionsminderungen auch in der Landwirtschaft tut ein Übriges, um Biogas wieder salonfähig zu machen. Natürlich ist Biogas eine prima Lösung für die Transformation von Wirtschaftsdünger zu transportwürdigen organischen Düngemitteln. Noch 5 Millionen Tonnen gärfähige Abfälle könnten aus den Mülltonnen in die Fermenter wandern. Die Wertschöpfung von stillgelegten Flächen würde verbessert, wenn man den Aufwuchs systematisch vergären könnte.

Dr. Stefan Rauh, Geschäftsführer des Fachverbands Biogas, berichtete von Plänen der Europäischen Kommission, mit dem Programm REPowerEU den Anteil von Methan aus Biogas auf 35 Milliarden Kubikmeter (bcm) pro Jahr zu steigern. Die Kommission hat dabei die Einspeisung als Biomethan ins Erdgasnetz im Blick und weniger den deutschen Sonderweg der Vor-Ort-Verstromung, der damit aber nicht ausgeschlossen wird.

 

Auch die EU spricht sich für Abfallnutzung und Reststoffe aus der Landwirtschaft als Hauptquellen aus. Laut dem aktuellen Entwurf der zur Erneuerung anstehenden Renewable Energy Directive (RED-III) sollen Substrate, die als Nahrungsmittel dienen können, grundsätzlich nicht gefördert werden.

Dieser Förderausschluss erfasst allerdings nicht die gesamte Anbaubiomasse. Grasartige Pflanzen, „bunte Biomasse“, Zwischenfrüchte und Mischkulturen („sequential crop“) dürfen durchaus speziell angebaut werden, um in Biogasanlagen eingesetzt zu werden. Damit unterscheiden sich die Kriterien für „RED-III-Substrate“ etwas vom deutschen Maisdeckel.  

Es dürfte für die Biogasbranche also wenig sinnvoll sein, weiter öffentlich für den Einsatz von Mais zu streiten. Es dürfte einfacher sein, sich auf die Gewinnung zusätzlicher Substratpotenziale aus anderen Quellen zu konzentrieren: vollständige Verwertung von Gülle und Mist, Reststoffe aus der Nahrungsmittelproduktion wie Stroh und Rübenblatt, gärfähige Industriereste und Schlempen, Sammlung der kompostierbaren Siedlungsabfälle („Biotonne zur Pflicht machen!“), „echtes“ Landschaftspflegematerial als Aufwuchs von Stilllegungs- und Naturschutzflächen, den gezielten Aufwuchs von bunter Biomasse und Zwischenfrüchten aus biologischem Anbau.